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3. Zukunftsbotschaft: Komme was wolle...


 

3. Zukunftsbotschaft: Komme was wolle…

 

Diese Serie bezieht sich auf das Amerikanische Kapitel in meinem Leben, als ich zwischen 2015 und 2018 in Canton, einem Vorort von Detroit, Michigan, USA leben und für meinen damaligen Arbeitgeber arbeiten durfte. In diesem Teil der Serie geht es um Herausforderungen und Folgen der Digitalisierung und den wachsenden Möglichkeiten, die wir haben.

 

„Früher war alles besser“, mögen sich einige von uns überzeugt einreden. Natürlich gab es Dinge, die besser waren, wie auch andere, die schlechter waren. Nun kommt es zuerst darauf an, was jeder von uns als „besser“ oder „schlechter“ empfindet. Dann spielt es auch noch eine entscheidende Rolle, auf was du deinen Fokus setzt, weil ja überall etwas Gutes erkannt werden kann, auch wenn es im Verhältnis zum Schlechten nur sehr klein erscheinen mag. Diese Angelegenheit ist also sehr individuell und William Shakespeare hat es folgendermassen beschrieben: „An sich ist nichts weder gut noch böse. Erst das Denken macht es dazu.“

 

Wie ich es bereits in meinen beiden vorherigen Zukunftsbotschaften thematisiert habe, schreitet die Digitalisierung in immer grösseren Schritten voran und es kann sehr schwierig sein, alle Neuheiten im ursprünglichen Sinne und zum Vorteil der Gesellschaft nutzen zu können. Die ganze Vernetzung durch das Internet bietet ein unglaubliches Potenzial, im guten wie auch im schlechten Sinne. Wird es für die Unterstützung anderer genutzt und versucht man, etwas Gutes damit zu bewirken, dann wird das Potenzial positiv genutzt. Verbreitet man jedoch immer nur negative Nachrichten, kann man damit nichts Positives erreichen. Man möchte meinen es gäbe Themen, welche erst durch Schocknachrichten genügend Aufmerksamkeit erhalten, damit sie überhaupt behandelt werden. Dazu gäbe es genug Beispiele, doch hier ist meine Ansicht:

 

Ein entscheidendes Merkmal, wie man sich mit ein und demselben Thema beschäftigen kann, liegt in der Wortwahl. Mutter Teresa sagte, sie würde niemals auf eine Antikriegsdemonstration gehen, aber jederzeit auf eine Friedensdemonstration. Dieser Unterschied mag unbedeutend wirken, ist aber nicht zu unterschätzen. Schlussendlich geht es um den Unterschied zwischen Krieg und Frieden. Gut und Böse. Zwei Begriffe, ein und dasselbe Thema. Liebe, oder ein Mangel an Liebe. Um der Darstellung bildlich etwas nachzuhelfen, stellen wir uns vor, dass es an so einer Antikriegsdemonstration eher Ausschreitungen und Auseinandersetzungen mit der Polizei geben könnte. Wieso? Die Demonstranten denken, sie würden etwas gegen den Krieg machen, doch der Hauptbegriff, der ihnen im Kopf herumschwirrt ist „Krieg“. Unser Gehirn konzentriert sich auf Nomen, in diesem Fall „Krieg“ und ob wir dafür oder dagegen sind ist ihm völlig egal. Die Demonstranten setzen sich so stark für etwas Gutes ein, dass sie dafür sogar Konflikte in Kauf nehmen würden. Könnt ihr euch nun rein theoretisch vorstellen, dass es an einer Friedensdemonstration friedlicher zu und her gehen könnte? Ob und wieviel so eine Demonstration ganz grundlegend bewirkt, ist eine ganz andere Frage. Ich persönlich versuche morgens bis abends das umzusetzen und zu leben, was mir und meinen Mitmenschen am meisten nützt. Ich gehe auch täglich auf die Strasse dafür, einfach ohne Schilder und ohne dafür laut zu werden. Wenn man sich nur in einer grösseren Menschenmasse für etwas einsetzt, kann man gleich zu Hause bleiben, denn dort beginnt die gesellschaftliche Veränderung.

 

Zurück zum Thema und was früher angeblich besser war als heute. Früher hatte der persönliche Kontakt mit seinen Mitmenschen mehr Bedeutung, da es noch keine Handys gab. Das hatte natürlich wiederum Vor- und Nachteile. Heute haben wir Smartphones mit Zugang zum Internet und können fast jederzeit darauf zugreifen. Das Potenzial, das im Internet steckt, kann man sich eigentlich gar nicht vorstellen. Es kann uns fast alle Fragen dieser Welt beantworten und stellt ein unendliches Angebot an Unterhaltung dar. Und genau dieses unglaublich grosse Angebot, sei es im Internet oder sonst irgendwo, kommt mit einem Haken: Wie grösser das Angebot, wie mehr müssen wir wissen, was wir wollen. Um zu wissen, was wir wollen, müssen wir uns selbst kennen. Um uns selbst zu kennen müssen wir uns mit uns selbst beschäftigen und uns kennen lernen. Das schreckt jedoch viele ab und wir können mit dem Angebot nicht umgehen.

 

Unter dem Strich geht es uns materialistisch gesehen immer besser, das Angebot wächst stetig und wir können uns so richtig austoben. Demzufolge sollte es uns doch auch psychisch besser gehen, wir sollten doch glücklicher sein, da wir mehr Möglichkeiten zur Verfügung haben, oder etwa nicht? Theoretisch ja, doch praktisch geht das nicht auf. Ich erinnere mich an meine Zeit in den USA, als ich abends Netflix geschaut habe. War eine Serie zu Ende, begann ich die nächste. Das Angebot ist riesig, doch irgendwann erfüllte es mich einfach nicht mehr. Ich konnte aus allen möglichen Serien auswählen: Krimis, Komödien, Dokumentationen, alles war dort, doch ich konnte mich nicht mehr entscheiden. Nun ist mir auch klar, wieso das so ist: All diese Serien nährten meinen Geist zu wenig und er begann, sich zu langweilen. Sobald man sich aber damit beschäftigt und seine beste Geistnahrung findet, wird „Langeweile“ zum Fremdwort.

 

Das ist nur ein Beispiel von vielen. Dasselbe kann uns in jedem Lebensbereich geschehen: Auf der Arbeit, in der Freizeit und in unserem gesamten sozialen Umfeld, also in der Familie und unter Freunden. Wie mehr dieser Bereiche wirklich erfüllend sind, wie besser fühlst du dich. Alles Materialistische hat darauf nur einen vorübergehenden Einfluss. Geld oder zum Beispiel Autos sind wie Netflix-Serien: So richtig spannend sind sie nur beim ersten Mal anschauen. Man kann sie vielleicht nochmals schauen, doch der Effekt ist nicht derselbe und bald muss eine neue Serie her. Ich besass mein Traumauto und die kurze Fahrt vom Büro nach Hause empfand ich nach einem miesen Arbeitstag als Balsam für meine Seele. Ich erinnere mich auch jetzt noch sehr gerne daran, wie auch an all die vielen Stunden, die ich im Auto verbrachte und die mich zu so vielen, wundervollen Orten geführt haben. Doch das Glück entstand nicht durch das Auto, sondern durch die Bedeutung, die ich ihm schenkte. Das Auto habe ich vor meiner Rückkehr verkauft und nun ist die Bedeutung dieser Erinnerungen das Wertvolle daran.

 

Was ich damit sagen möchte, vor allem auf die Zukunft bezogen, ist Folgendes: Früher gab es immer etwas, was besser war und das hat bestimmt jemand schon früher so gesagt. Dasselbe gilt jedoch auch für die Zukunft: es wird immer etwas geben, was besser sein wird. Die Kunst liegt daran, es zu erkennen und zu nutzen. Und um es in den einfachen Worten von Heraklit zu sagen: „Die einzige Konstante im Leben ist die Veränderung.“

 

Der Punkt ist also (schon wieder) nicht das, was geschehen wird, sondern was wir daraus machen und wie wir damit umgehen. Komme was wolle, doch was wollen wir?

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